Sonntag, 11. Februar 2018

Über Feminismus und MakeUp

"Feminism should allow us to be women in all different ways"... Ich habe diesen Blog nicht ohne Grund "Nicht noch ein Beauty-Blog" genannt. Sie sprießen wie Unkraut aus der Erde und man hat den Eindruck, sie dienen der Kosmetikindustrie lediglich als Produktplatzierung. Gleichzeitig habe ich aber schon in meinem ersten Post erwähnt, dass ich sicher auch die ein oder andere Beauty-Empfehlung haben werde. Denn auch wenn es etwas nervt, so haben die Worte "Hey guys. This is a tutorial how I do my MakeUp" am Abend auf YouTube schon fast eine meditative Wirkung auf mich.
Ich schminke mich ungefähr seit meinem 14. Lebensjahr. Damals hieß das: Viel zu dunkles MakeUp (So ca. zwei Nuancen...), Wimperntusche (Die letzten Härchen ausgespart, da unter Zeitdruck aufgetragen) und irgendwann dann auch einen dicken roten Strich a.k.a. Rouge auf den Wangen. Für mich war das eine Maske, hinter der ich mein mangelndes Selbstbewusstsein versteckt habe. Ich habe darin ein notwendiges Übel gesehen, Freude hat mir das nicht unbedingt bereitet. Denn mir war schon klar, dass das eher nicht so toll aussieht, aber das war mir egal.

Trotzdem habe ich immer mit großen Augen vor den Douglas-Filialen gestanden und etwas neidisch auf die Frauen geschaut, die sich professionell haben schminken lassen. Im Oktober 2015 habe ich mir dann selbst eine "Schmink-Beratung für Tages MakeUp" zum Geburtstag geschenkt. Neben der Anleitung werden einem natürlich auch die verwendeten Produkte ans Herz gelegt. Und nachdem ich gesehen habe, was alles aus mir "rauszuholen" ist, war ich verzaubert und habe zu allem "Ja, danke" gesagt. Ich wollte mich am Abend gar nicht abschminken, so toll fand ich das Ergebnis. Irgendwann musste das Zeug dann aber doch runter und ich nahm mir vor, so lange zu üben, bis ich es genauso hinbekomme. Das hat selbstverständlich nicht geklappt. Aber ich habe schon mal eine deutliche Verbesserung zu meiner vorherigen Schmink-Routine gesehen. Und was ich schnell erkannt habe: In einigen Fällen lohnt es sich wirklich, in sogenannte Highend-Produkte zu investieren. Tja, und seit diesem Tag ist "Beauty" eine Leidenschaft von mir - Sowohl dekorative Kosmetik als auch Hautpflege. Denn fast so schön wie das Anmalen am Morgen ist, wenn man sich abends davon befreien kann. Ich habe dann angefangen, mich mit Inhaltsstoffen und den verschiedenen Marken zu beschäftigen. Und, puh, was soll ich sagen: Der Kosmetikmarkt boomt und ist in Teilen echt überwältigend. Und lass dir von einer alten Frau gesagt sein: Wenn man die 30 erreicht hat, ist alles wo "Youth" und "Anti-Aging" drauf steht attraktive Spachtelmasse. Wenn die Base stimmt, ist das schon mal die halbe Miete. Was die dekorative Kosmetik betrifft, so empfiehlt es sich erst mal, in einer Parfümerie von geschulten Visagisten beraten zu lassen. Auch das bestsitzende MakeUp sieht nach Kinderfasching aus, wenn man die falschen Farben benutzt.
Ich finde, wenn man diese Tipps beachtet, geht der Rest fast wie von selbst. Und auch hier gilt: Übung macht den Meister. Inzwischen liebe ich es, mich morgens (halbwegs) professionell zu schminken und habe mir eine ordentliche Produktpalette angeschafft (Natürlich peu à peu und nicht auf einmal). Wenn man den Dreh erst mal raus hat, macht es richtig Spaß.

Tja, nur leider erhöht der Umstand, eine Schminktussi zu sein, eben nicht gerade die berufliche Wertschätzung. Dass ich eine kleine, zierliche Person bin, macht die Sache auch nicht besser. Ich erinnere mich an viele Situationen auf Arbeit, in denen mein Gegenüber dachte (oder hoffte?), ich sei vielleicht die dumme Praktikantin. So schrieb beispielsweise ein Journalist in einem Bericht über meinen ehemaligen Chef in einer Regionalzeitung, ich sei die "Bürokraft". Dabei hatten wir im Vorfeld Kontakt und unter meinen E-Mails an ihn stand immer "Wissenschaftliche Mitarbeiterin". Ich weiß, ich war nicht im Fokus des Artikels, trotzdem ärgere ich mich noch heute, dass ich ihn nicht auf seinen Fehler hingewiesen habe.
Ein anderes Beispiel: Nach der Bundestagswahl, als klar war, dass mein Vertrag am 1. November endet, hatte ich ein "Vorstellungsgespräch" bei einem FDP-Politiker. Es war ein lockeres Mittagessen, bei dem ich unter anderem auch über meinen bisherigen beruflichen Weg erzählt habe. Er wusste also von dem Masterstudium in Politikwissenschaft mit Spezialisierung auf Internationale Beziehungen und meinem vorherigen "Status". Mal abgesehen davon, dass ich nach dem Treffen fast vier Monate nichts mehr von ihm gehört hatte, hat er schließlich irgendwann am Telefon gesagt: "Momentan habe ich leider keinen Bedarf an einer Sekretärin"... WAS VERFLUCHT SOLL DAS? Ja, ich bin klein, sicher keine laute Person und mache mich gerne schick - Aber muss man mir deshalb die fachliche Kompetenz absprechen?
Es ist ja eine Binsenweisheit, dass die Körpergröße und das Aussehen erheblichen Einfluss auf den beruflichen Erfolg haben. Attraktivität hilft sicher erst mal, um einen Job zu bekommen. Es ist aber zweifelhaft, ob man es so als Frau bis in die Führungsetage schafft. Andererseits haben Frauen, die von ihren männlichen Kollegen als unattraktiv "bewertet" werden, ebenfalls Schwierigkeiten beim Karriereaufstieg. Offensichtlich werden wir immer auch als potentielle Sexpartner betrachtet und danach eingestuft. Ja, natürlich darf man das nicht pauschalisieren. Und mir ist klar, dass es auch Sexualisierung von bzw. Gewalt gegen Männer gibt. Das wird von den Kritikern der #Aufschrei und #MeToo Kampagnen ja stets betont. Tun wir unseren männlichen Kollegen also Unrecht? Nun, es gibt diese Formel, die sich mir eingeprägt hat: Sexismus= Vorurteil+Macht. Das bedeutet, zusätzlich zu den verletzenden und unangenehmen Bemerkungen gibt es auch eine klare Struktur, die ein Geschlecht systematisch benachteiligt. Und seien wir ehrlich, das betrifft vordergründig uns Frauen. Das bedeutet nicht, dass die Sexualisierung von Männern weniger schlimm ist. Aber ist sie auch strukturell?
Ich bin jedenfalls mehr als dankbar dafür, dass wir wieder verstärkt über Frauenrechte reden. Typen wie Trump und Harvey Weinstein machen es nötig. Und ich befürchte, es wird auch noch lange ein Thema bleiben (müssen).
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